Marx und die „Judenfrage“ – Chancen und Grenzen der Kritik der politischen Ökonomie zur Erklärung des Antisemitismus

Diskussionsveranstaltung mit Heribert Schiedel (Wien)
Freitag, 21. November 2014, um 19:00 Uhr
Infoladen, St. Pauli-Str. 10-12, 28203 Bremen

Reihe intros. Einführungen in kritische Gesellschaftstheorie

Dass der moderne Antisemitismus als bürgerliche Basisideologie mit undurchschauter abstrakter Herrschaft in Zusammenhang steht, zeigt schon das Beispiel Karl Marx, der zunächst – in seiner „Judenfrage“ – es noch nicht vermochte, „hinter den Schein der bürgerlichen Gesellschaft, die Zirkulation, zu schauen“ (Detlev Claussen). Erst mit der Entdeckung der Gesetzmäßigkeiten der Wert verwertenden Produktionsweise und hier vor allem des Fetischcharakters der Ware war es möglich, das Wesen hinter der Erscheinung und den Antisemitismus als wahnhafte oder extremste Form fetischistischen Bewusstseins zu kritisieren. Der ,Marxismus’ fiel jedoch rasch hinter diesen Erkenntnisstand zurück: Der Antisemitismus verkam ihm zur Ideologie der Herrschenden, die soziale Wut auf die wieder mit der Zirkulation identifizierten Jüdinnen und Juden umlenken wollten. Oder er wurde als „Sozialismus der dummen Kerls“ (August Bebel), als Übergangstadium zur revolutionären Erkenntnis missverstanden. Genauso verbreitet und nicht minder falsch war der Glaube, dass der Antisemitismus als Kennzeichen vorkapitalistischer Gesellschaften mit diesen von alleine verschwinden werde und die Linke ihn nicht zu bekämpfen brauche. Die Veranstaltung soll einen Beitrag dazu leisten, Antisemitismus mit Hilfe der Marxschen Theorie zu fassen.

Tagesseminar mit Heribert Schiedel zu kritischen Antisemitismustheorien
Samstag, 22. November 2014
Infoladen, St. Pauli-Str. 10-12, 28203 Bremen

In diesem Tagesseminar sollen die Arbeiten Sigmund Freuds und der Kritischen Theorie zum Antisemitismus sowie deren Stärken, Schwächen und Weiterentwicklungen (von Otto Fenichel, Ernst Simmel, Jean-Paul Sartre, Moishe Postone u. a.) diskutiert werden. An Auschwitz, der präzedenzlosen Vernichtung um der Vernichtung willen, misst sich der Erklärungsgehalt jeder kritischen Theorie des Antisemitismus und der Gesellschaft, die ihn dauernd (re-)produziert. Vor diesem Hintergrund sollen die Leerstellen dieser Theorien benannt und mögliche Ergänzungen, insbesondere seitens der historischen Forschungen zum „deutschen Sonderweg”, gesucht werden.

Seminaranmeldung bitte unter: talpe@gmx.net

Heribert Schiedel ist Mitarbeiter im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) in Wien, Abteilung Rechtsextremismusforschung. Zuletzt veröffentlichte er ,,Extreme Rechte in Europa” (2011).

Eine Veranstaltung von associazione delle talpe in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen.