Die Entwicklung rechter Ideologie hin zum Nationalsozialismus (Seminar)
Wochenendseminar mit Volker Weiss (Hamburg) 7. bis 8. 11. 2009; Infoladen, St. Pauli-Str. 10-12, 28203 Bremen
Intros. Einführungen in kritische Gesellschaftstheorie
Wie viele weitere völkische Gruppierungen proklamiert die nach dem Ende des Ersten Weltkrieges gegründete Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP) einen vehementen Antisemitismus, Antiliberalismus und Antimarxismus und avanciert spätestens seit Ende der 1920er zu einer Massenpartei mit großen Wahlerfolgen. Die nationalsozialistische Herrschaft von 1933 bis 1945 steht für die Zerschlagung der sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiter_innenbewegung, die fast vollständige Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden, den Vernichtungskrieg im Osten und viele weitere Verbrechen. Besonders Auschwitz markiert einen Zivilisationsbruch: Geschichte kann nicht länger einfach als kontinuierlicher Prozess hin zur Emanzipation der Menschheit von Ausbeutung und Unterdrückung verstanden werden, sondern Auschwitz zeigt ebenso die Möglichkeit des Rückfalls in die Barbarei. Mit der militärischen Niederschlagung durch die alliierten Truppen endet 1945 zwar die Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes. Eine antifaschistische Kritik und Praxis wird dadurch aber leider nicht hinfällig. Lange existieren in der postnazistischen Bundesrepublik personelle und ideologische Kontinuitäten weiter. Auch rege Aktivitäten aktueller neonazistischer Bewegungen und ein deutscher Erinnerungsdiskurs, der die nationalsozialistische Vergangenheit verharmlost oder in seiner linksliberalen Variante nicht trotz sondern wegen Auschwitz neue deutsche Kriegseinsätze legitimiert, erfordern stets wieder antifaschistische Interventionen und die Aktualisierung antifaschistischer Kritik. Am ersten Seminartag wird in die Geschichte der radikalen Rechten in Deutschland (ab 1890) eingeführt, die mit den zeitgenössischen kulturkritischen und politischen Strömungen in Deutschland und Europa in Beziehung gesetzt wird. Der zweite Tag widmet sich darauf aufbauend den verschiedenen theoretischen Bewältigungsversuchen, also den „Faschismustheorien“. Auf der Basis gemeinsamer Quellenlektüre soll die Entwicklung des faschistischen Weltbildes nachvollzogen werden: Seine Konzeption einer „alternativen Moderne“ und die scheinbare Integration aller gesellschaftlichen Schichten in den „Volkskörper“ durch den nationalen Mythos. In dieser Transformation des alten Konservatismus in eine Abwehraggression gegen Liberalismus und Marxismus sollte sich eine europäische Geistesströmung manifestieren, die im Faschismus bzw. Nationalsozialismus mündete.
Volker Weiss ist Historiker aus Hamburg und schreibt unter anderem für jungle world und Phase 2.
Das Wochenendseminar wird organisiert von associazione delle talpe in Kooperation mit der Reihe „Antifaschistische Perspektiven des Erinnerns“ der Rosa Luxemburg Initiative Bremen. Anmeldung und weitere Informationen unter talpe(ätt)gmx.net.