Die Normalität des Bösen – Menschenexperimente, Serienmörder, Zuschauer
Montag, 3. März 2008, 20.00 Uhr, Kommunikationszentrum paradox (Bernhardstraße 12, 28203 Bremen), Saal
mit Dominik Orth und Gerhard Lüdeker
„Die Hölle, das ist der andere.“ — Jean-Paul Sartre
1. Menschheits-Experimente – Autorität und Gehorsam in Oliver Hirschbiegels „Das Experiment“ Studien wie das Milgram- und das Stanford-Prison-Experiment haben gezeigt, wie dünn der Firnis ist: Probanden, die, sobald sie sich von einer autoritären Instanz legitimiert fühlten, Menschen per Elektroschock töteten (bzw. in dem Wissen handelten, es zu tun), die sich in blindem Gehorsam unterwarfen und die Grenzen der ihnen zur Verfügung gestellten Macht bis ins Letzte ausnutzten. Die Ergebnisse beider Experimente lassen noch die sonnigsten Gemüter zu schlechtgelaunten Kulturpessimisten mutieren. Der Film „Das Experiment“ (D 2001) von Oliver Hirschbiegel greift das Experiment von Stanford auf und erzählt von de Normalität des Bösen. Dominik Orth wird über den Zusammenhang von Wirklichkeit und Film sprechen und darlegen, inwiefern insbesondere die filmische Inszenierung dazu beiträgt, Reflexionen über die Metamorphose „normaler“ Menschen zu sadistischen Gewalttätern anzuregen, die sich nahezu bedingungslos in Autorität wie Gehorsam fügen.
2. Hannibal und Mr. Brooks – Der Zuschauer als Serienkiller? Im zweiten Teil des Abends wird Gerhard Lüdeker über Serienmörder und Zuschauer sprechen. Üblicherweise darf in Serienkillerfilmen der Zuschauer aus der Perspektive des ermittelnden Beamten am Geschehen teilhaben. In der Nachfolge von „Das Schweigen der Lämmer“ (USA 1991) veschiebt sich der Fokus allerdings auf die Figur des Killers. Der diabolische, nach eigenen Regeln lebende Mörder bekommt zunehmend menschliche Züge verliehen. Der lustvoll mordende „Mr. Brooks“ (USA 2007) wird als treusorgender Familienvater inszeniert, der unter seinen nächtlichen Mordzügen leidet. Anhand der Figuren Hannibal und Mr. Brooks soll gezeigt werden, mit welchen Mitteln der moderne Film es den Zuschauern ermöglicht, empathisch auf die Mörder zu reagieren und welches Wertesystems hier kommentiert wird. Außerdem soll es um die Frage gehen, inwiefern der moderne Serial Killer ebenso als ein symbolischer Ausdruck sozialer Unzufriedenheit verstanden werden kann, wie sein historisches Pendant in den frühen Gangsterfilmen dess Hollywoods der 30er Jahre (wie z.B. „Scarface“).
Dominik Orth ist Literatur- und Medienwissenschaftler und arbeitet an einer Dissertation über „Realitätsfiktionen – Narrative Strategien zur Konstruktion möglicher Welten in Literatur und Film“. Gerhard Lüdeker ist ebenfalls Literatur- und Medienwissenschaftler und arbeitet an einer Dissertation über „Nationale Identität und Fiktionalisierung von Nationalsozialismus und Wiedervereinigung im deutschen Film des 21. Jahrhunderts“.
Diskussionsveranstaltung des Club der Rosa-Luxemburg-Initiative in Kooperation mit V.pop, dem AStA der Uni Bremen, Verein für Internationalismus und Kommunikation