Notwendige Recherchen zum Verhältnis zwischen Nazis und bürgerlichem Staat
1. Juni 2012, 20 Uhr, Villa Ichon, Goetheplatz 4, 28203 Bremen
…einen bezaubernden, immer wiederkehrenden Typus
eines Waschlappen: Demokraten mit Pelerine,
Umhängebart, Schlapphut, Regenschirm und
der jeweils nötigen Überzeugung…
(Kurt Tucholsky)
Der Untersuchungsausschuss ist ein parlamentarischer Ausschuss, der besondere Sachverhalte aufklären soll.
In der bisherigen Geschichte hat sich noch kein Untersuchungsausschuss als „scharfes Schwert“ der Opposition erwiesen oder gar sinnvoll zur Aufklärung von Sachverhalten beigetragen. Deshalb bieten wir einen etwas anderen Untersuchungsausschuss. Den vierten neben den Dreien vom Bund, Thüringen und Sachsen, um Hintergründe und Zusammenhänge der Morde aufzuklären, die von einer sogenannten Terrorzelle mit dem Markenzeichen NSU verübt worden sein sollen. Wir fordern darüber hinaus ein unabhängiges international besetztes Komitee, das allen Verschleierungsbegehren vonseiten staatlicher Einrichtungen und organisierter Nazis Einhalt bietet.
Die Opfer der Morde, die immer mit derselben Tatwaffe, einer tschechischen Pistole des Typs Česká CZ 83, Kaliber 7,65mm begangen worden sein sollen, sind neun Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund und eine Polizistin:
Enver Şimşek (9.September 2000, Nürnberg),
Abdurrahim Özüdoğru (13. Juni 2001, Nürnberg),
Süleyman Taşköprü (27.Juni 2001, Hamburg),
Habil Kılıç (29. August 2001, München),
Mehmet Turgut (25. Februar 2004, Rostock),
İsmail Yaşar (9.Juni 2005, Nürnberg),
Theodoros Boulgarides (15. Juni 2005, München),
Mehmet Kubaşık (4. April 2006, Dortmund),
Halit Yozgat (6. April 2006, Kassel),
Michèle Kiesewetter (25. April 2007, Heilbronn).
Seit der Gründung der BRD sind über 200 Menschen Opfer von faschistoiden Täter(inne)n geworden, zum Teil unter (in)direkter Mitwirkung von Mitgliedern staatlicher Institutionen.
Wie der Engel der Geschichte (Walter Benjamin) unternehmen wir eine Rückschau, bei der wir uns nach vorne bewegen wollen.
Wir lassen Revue passieren: z. B. die Fünfziger Jahre, blicken in ein beschauliches Oldenburg mit Pferdekutschen, auf ein gediegenes schwarz-weiß Panorama und zu einem äußerst quirligen Geheimdienst, der unsere Großeltern, Eltern, Tanten und Onkeln vor den bösen Kräften aus dem Osten schützen wollte, den sogenannten Kommunisten oder Bolschewisten und sich dabei der Mitwirkung von Nazis vergewisserte. Wir hören in ein Interview mit einem sich selbst als konservativ verstehenden am Aufbau von Nazistrukturen beteiligten „Agenten“. Wir bleiben in Oldenburg; denn ein Oldenburger informierte seinen Verfassungsschutz über die Gründung einer NSDAP/AO Struktur und fädelte Waffengeschäfte im Wert von Hunderttausenden von DM ein. Aus dem Artland wurde Michael W für den VS geworben und soll durch Informationen mitgeholfen haben, die militante „Nationalistische Front“ staatlicherseits zu verbieten. Da war der dreifach V- Mann Peter W. schon längst untergetaucht. Wir machen auch rüber, über die Mauer und begleiten einen nazistischen Anti-Hitler Agenten bis zum MfS. Eine kleine Schlapphut-Revue eben, mit Dutzenden (z.T. in Vergessenheit geratenen) Geheimdienstlern. Da gibt es keine Pannen, da müssen Menschen sterben – für die Verfassung, heißt es.
Wir erinnern auch an Anschläge von Nazis/Faschisten in Bologna, Hamburg, London, München, Oklahoma und Solingen, die Verstrickung von Politik und Geheimdiensten in faschistischen Terror.
Wir informieren über Nazis.
Wir diskutieren über Handlungsmöglichkeiten und führen ein gewichtiges Gespräch z. B. über die Normannenstraße sowie kommende Aufgaben.
Bei allem Sachverstand werden auch Ironie und Satire ,Tiefen und Höhen der Gesamtproblematik aufzeigen – da kann kein Auge trocken bleiben! Wir lachen uns über Schlapphüte kaputt und wer sich so richtig engagieren möchte, der kommt in Schlapphut und mit Titan-Sonnenbrille. Und nicht vergessen, die im Dunkeln sitzen, sieht mensch nicht.
Premiere in Oldenburg, Alhambra (Hermannstr.) am 25.05. 2012, 20.00 Uhr.
veranstaltet in Kooperation mit Standpunkt Bremen, Flashmob Oldenburg und AK: Stop dem VS-Wahnsinn!