Heiße Luft in kalten Zeiten – Das Bremer BAMF und der heraufbeschworene Skandal
Diskussion mit Anatol Anuschewski und Holger Diekmann
Mittwoch, 13. Juni 2018, um 19 Uhr in Bremen
Kulturzentrum Lagerhaus, Schildstraße 12-19, 28203 Bremen
Bremen, April 2018. 1200 Asylanträge sollen außerhalb des Zuständigkeitsbereiches entschieden worden sein. Die ehemalige Leiterin der BAMF Außenstelle in Bremen wird freigestellt. 18.000 Asylanträge sollen erneut geprüft werden.
Rückblick Sommer 2015: Der Sommer der Migration veränderte für eine gewisse Zeit vieles, was als nicht veränderbar galt. Menschen überquerten die Grenzen. Als sie in Deutschland ankamen, wurden sie von Tausenden begrüßt und versorgt. In Ämtern, Krankenhäusern, Schulen herrschte Ausnahmezustand. Monatelange Bearbeitungszeiten von Anträgen standen der praktischen Hilfe und dem unbürokratisches Handeln vieler Menschen aus der Zivilgesellschaft gegenüber. In dieser Zeit soll es in Bremen nun also „Unregelmäßigkeiten“ in der Bearbeitung von Asylanträgen gegeben haben.
Von den ersten Berichten über diese Unregelmäßigkeiten dauerte es nur wenige Tage bis von Korruption und einem „Bestechungsskandal“ die Rede war, der in der ganzen Republik besprochen wird. Nicht nur die Rechte, sondern Medien und PolitikerInnen fast des gesamten politischen Spektrums stürzten sich auf die Bremer Vorgänge, redeten den RechtspopulistInnen das Wort und profilierten sich auf dem Rücken Geflüchteter. Ohne sachliche Prüfung wurden hanebüchene Gerüchte über die Vorgänge in Bremen verbreitet, um das Bild eines kriminellen Sumpfs zu zeichnen, in den vorsätzlich Tausende unberechtigt anerkannt wurden. Rechte Kräfte, von ganz außen bis in den Mainstream, beanspruchten sofort die Deutungshoheit über die Debatte, allen voran Horst Seehofer, der den aktuellen Fall nutzte, um seine Abschottungspolitik weiter zu legitimieren und durchzusetzen. Angeblich „zu hohe Anerkennungsraten“ in Bremen wurden in nahezu allen Zeitungen unreflektiert als Problem benannt, welches nun „geprüft“ werden müsse.
Der eigentliche Skandal ist jedoch die hohe Ablehnungsquote des BAMF von verfolgten und gefährdeten Menschen. In den Medien bleibt dies weitestgehend unerwähnt. Es ist in der Debatte kein Thema, dass das BAMF in der ganzen Bundesrepublik fehlerhaft arbeitet(e), denn: Fast die Hälfte aller vor Gericht angefochtenen Asylbescheide sind falsch. Allein im Jahr 2017 mussten mehr als 37.000 Bescheide von den Gerichten korrigiert werden und Ende 2017 gab es noch über 370.000 laufende Klageverfahren. Was das für die betroffenen Menschen bedeutet, ist eigentlich offensichtlich: Obwohl sie ein Recht auf Asyl hätten, wird ihnen dieses verwehrt. Ob aus Kalkül oder Überlastung: Das ist tatsächlich ein Skandal.
Wir möchten Sie und Euch dazu einladen, mit uns über eine andere Sichtweise der Geschehnisse in der BAMF Außenstelle in Bremen zu diskutieren. Verschiedene Perspektiven sollen auf dem Plenum zu hören sein: Anatol Anuschewski, Anwalt, wird die bisherigen Erkenntnisse zusammenfassen und mit einer juristischen Einschätzung verbinden. Und Holger Diekmann vom Bremer Flüchtlingsrat wird zu den Tendenzen der aktuellen Asylpolitik und der Rolle des „BAMF Skandals“ sprechen. Im Anschluss daran möchten wir mit Ihnen und Euch in die Diskussion kommen.
VeranstalterInnen: Interventionistische Linke (IL), Flüchtlingsrat Bremen und Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Plakat zur Veranstaltung als PDF zum Download: 180613-BAMF-Plakat.