Universalistischer Rassismus, getarnt als “Islamismuskritik”?
Die aktuellen Debatten um Islamismus und der postkoloniale Antirassismus
Freitag 15.6.2007, 20 Uhr, Villa Ichon, Goetheplatz 4, 28203 Bremen
Vortrag und Diskussion mit Udo Wolter
Im Gefolge der Anschläge vom 11.9.2001 auf das World Trade Center in New York und weiterer Anschläge in Europa hat die Skandalisierung von Gewaltverhältnissen gegenüber Frauen in islamisch-migrantischen Communities und die Fokussierung auf Islamismus Eingang in einen rassistischen Diskurs gefunden. Anlässlich spektakulär aufbereiteter Ereignisse wurde von Politik und Medien eine „Integrationsdebatte“ losgetreten, die offensichtlich von identitätsstiftenden Ab- und Ausgrenzungen („Parallelgesellschaft“ / „deutsche Leitkultur“) mitgeprägt war, wie dies nach dem Mord an Theo van Gogh oder dem sogenannten „Ehrenmord“ an Hatun Sürücü geschah, jenen tödlichen Manifestationen von Ideologien, die dem Anspruch auf ein freies Leben nach den Bedürfnissen der Individuen ihre Unterwerfung unter die Regeln des Kollektivs entgegensetzt. Die in diesen Debatten enthaltene Demaskierung von skandalösen Verhältnissen wird jedoch von einer rassistisch motivierten Verschlechterung der Stimmung gegenüber Migrant_innen mit muslimischem Hintergrund überlagert. Daraus zogen viele antirassistische Linke die falsche Konsequenz, über den Islamismus zu schweigen – aus Angst, dem Umschlag der grassierenden Ausgrenzung von Muslim_innen in offenen Rassismus Vorschub zu leisten. Statt von einer antirassistischen Position aus zwischen Diskriminierung und notwendiger Kritik am Islamismus oder emanzipationsfeindlichen kulturellen Gepflogenheiten zu unterscheiden, werden letztere beschwichtigt oder beschwiegen.
In der Veranstaltung wird Udo Wolter sich kritisch mit den dahinterstehenden Argumentationen und den damit verbundenen Kollektivzuschreibungen auseinandersetzen. Danach soll Raum für eine Diskussion über einen „universalistischen Antirassismus“ und dessen Praxis sein, der es möglich macht, sowohl Ausschlüsse als auch antiemanzipatorisches Denken und Handeln Ausgeschlossener zu kritisieren.
Udo Wolter ist Autor des Buches „Das obskure Objekt der Begierde. Frantz Fanon und die Fallstricke des Subjekts der Befreiung“ (Münster 2001). Er lebt als freier Journalist in Berlin und schreibt unter anderem für jungle world und phase zwei.
Von associazione delle talpe ist zum Thema ein Text in der neugegründeten Zeitschrift Extrablatt erschienen (siehe: www.extrablatt-online.net).
Eine Veranstaltung der Rosa Luxemburg Initiative Bremen in Kooperation mit der Gruppe associazione delle talpe / Bremen.