Nicht erst seit den Protesten der Black-Lives Matter-Bewegung im Jahr 2020 hat die Debatte über Rassismus in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen eine zentrale Rolle eingenommen. Einzug in den gesellschaftlichen Mainstream erhalten dabei besonders Positionen, die von akademischen Strömungen wie »Critical Whiteness«, dem Postkolonialismus oder Poststrukturalismus beeinflusst sind. Der Intersektionalismus war einst als Kritik juristischen Kategorien konzipiert, die der Realität hinterherhinken. Inzwischen ist er zu einer leeren Formel geworden, in die sich alles einfügen lässt, was sich als ‚kreuzbar‘ denken lässt: Diskriminierungsformen, gesellschaftliche ‚Unterdrückungssysteme‘, soziale Kämpfe sollen intersektional gedacht werden. Statt einer theoretischen Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Entstehungsbedingungen des Rassismus begegnet man in diesen Ansätzen jedoch häufig Angriffen auf Universalismus und Vernunft oder der Einebnung der Spezifik von Antisemitismus und Holocaust. Im Vortrag soll hinterfragt werden, warum man vom Anspruch, verschiedene Unterdrückungsformen sowie Kämpfe ‚zusammenzudenken‘, zur Feinderklärung gegen Israel kommt.
Jan Rickermann lebt in Bremen, forscht zur Kritischen Theorie und Kritik des Politischen Existentialismus. Er hat Sozialwissenschaften und Philosophie studiert und arbeitet an einer Dissertation über den Politischen Existentialismus bei Giorgio Agamben. Aktuellste Publikation: Von der Geschichtlichkeit zur Vernunft und Revolution. Herbert Marcuses Weg von Heidegger zu Hegel. In: Felix Brandner/Till Seidemann. Zwischenwelten der kritischen Theorie. Beiträge zur Systematik und Geschichte. Baden-Baden: Karl Alber Verlag 2024.
Robin Forstenhäusler hat Sozialwissenschaften und Philosophie studiert, er lebt und arbeitet in Bremen u.a. zu den Themen Psychoanalyse, Rassismus, Antisemitismus und soziale Bewegungen. In Kürze erscheint der von ihm mitherausgegebene Band „Klimawandel und Gesellschaftskritik“ (Verbrecher Verlag).
Eine Veranstaltung von associazione delle talpe im Rahmen der Aktionswochen gegen Antisemitismus 2024 in Kooperation mit Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen, Partnerschaft für Demokratie Bremen, Kulturzentrum Kukoon.